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Erklärung der Initiative Medienbildung JETZT! zur 2013 geplanten Urheberrechtsnovellierung

Die österreichische Initiative Medienbildung JETZT! bringt sich hiermit in die kritische öffentliche Diskussion über die geplanten Änderungen im Rahmen der Urheberrechtsnovelle 2013 ein und betont einen wichtigen Aspekt, der in der breiten Diskussion bislang nicht berücksichtigt wurde: Die schwierige bis hin zur unmöglichen Verwendung von nutzungsrechtlich geschützten Medienprodukten in Bildungskontexten. Der neue Gesetzesentwurf verschärft die schon bislang problematische Situation in Bildungseinrichtungen und erschwert ein modernes, selbstgesteuertes, aktives und gestaltendes Lernen mit Medien.
Seit langem schon wird eine rechtliche Verbesserung für Bildungseinrichtungen gefordert, um die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Materialien im Bildungskontext legal abzusichern. Durch die geplanten Änderungen im Urheberrechtsgesetz tritt nun das Gegenteil ein – medienaktive Jugendliche, Erwachsene und PädagogInnen werden durch Teile der Gesetzesnovelle weiterhin z.T. sogar noch stärker bei ihrer Arbeit kriminalisiert.

Der kompetente Umgang mit Medien ist in einer modernen mediatisierten Gesellschaft ein zentrales Bildungsziel. Er entsteht durch eine kontinuierliche und möglichst vielschichtige Auseinandersetzung mit Medien aller Art. Dazu gehören einerseits ganz wesentlich nicht kommerzielle Eigenproduktionen, bei denen eigenes und fremdes Material aktiv und kreativ verarbeitet wird, um eigene Botschaften zu kreieren und zu kommunizieren.

Dazu gehört andererseits aber auch die Möglichkeit, diese Eigenproduktionen ohne Angst vor existenzgefährdenden, urheberrechtlichen Konsequenzen einer – heute vor allem globalen – Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Durch die aktuelle rechtliche Situation wird spezifischen Gruppen die freie Meinungsäußerung durch multimediale Formen sowie die öffentliche Beteiligung an gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen verwehrt, demokratiepolitisches Potential geht dadurch verloren.

Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Jugendgruppe setzt sich bei einem Wochenendworkshop mit dem aktuellen Musikhit aus den Massenmedien auseinander und beschließt als kreatives Projekt ein Musikvideo zum aktuellen Hit zu machen und auf der Bildebene dem Text eine eigene Aussage zu geben. Sie müssten über einen wochenlangen Vertragsprozess die Nutzungs- und Verwertungsrechte für die Musik erwerben, was neben dem unmöglichen Zeitaufwand auch schnell mehrere tausend Euro kosten kann. Das Gleiche gilt übrigens auch, wenn nur ein 2-minütiger Audioausschnitt zur Vertonung eines eigenen Kurzfilms verwendet wird.

Medien dürfen nicht – und schon gar nicht rechtlich verschärft – zu Werteinheiten degradiert werden, sondern müssen ein Mittel für eine vielfältige Kommunikation und Verständigung zwischen Menschen sein. Vor dem Urheberrecht sind kommerzielle und nicht kommerzielle ProduzentInnen gleichgestellt, nicht gleichgestellt sind jedoch die Rahmenbedingungen, unter denen diese ProduzentInnen tätig sind. Die Partizipation von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen darf keine Frage des „Kann ich es mir leisten, meinen Standpunkt zu veröffentlichen“ sein. Ein Großteil von engagierten Medienproduktionen und Inhalten wird durch kommerzielle Interessen der Gesellschaft vorenthalten und kann dadurch auch nicht in den öffentlichen Diskurs einfließen. Die aktuellen Prämissen der Rechtslage schließen ganz eindeutig Menschen und ihre Statements aus.

Was ist daher nötig?

Ein ehrliches, breites Bekenntnis der Politik, dass die aktive Mediennutzung breiter Bevölkerungsschichten ein wichtiges Element einer demokratischen Informations- und Wissensgesellschaft ist und dass medienbildungsaktive PädagogInnen und Lernende einen wichtigen demokratiepolitischen Beitrag im Hinblick auf eine emanzipatorische Gesellschaft leisten. Dieses Bekenntnis muss sich in den Grundlagen der Gesetzgebung widerspiegeln.

Die bisherige urheberrechtliche Situation und die geplante Novellierung erschweren solche emanzipatorischen Prozesse, gerade auch in modernen, lebensweltnahen Bildungsbereichen und machen sie großteils sogar unmöglich, da einseitig die Positionen der kommerziellen Verwertung auf Kosten der reflektierten NutzerInnen gestärkt werden. So ein Rechtsverständnis degradiert die zeitgemäßen, aktiven „Prosumer“-Generationen wieder zu isolierten, passiven „RezipientInnen“ eines Medienverständnisses der 1980er Jahre. Dies kommt weder den einzelnen, modernen AutorInnen zu Gute, noch hilft es, das demokratische Potential der Diskussion und Kommunikation mittels (neuer) Medien und Meinungsäußerungen durch multimediale Formate zu entfalten.

Die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts braucht sichere Rahmenbedingungen für nichtkommerzielle Medienaktivitäten in allen pädagogischen Kontexten: Vor allem eine entsprechende urheberrechtliche Regelung, die die freie nichtkommerzielle Werksnutzung garantiert und rechtssicher engagierte Medienbildungsarbeit ermöglicht.

Die Initiative Medienbildung JETZT! ruft daher die Gesetzesverantwortlichen auf, sich zu einem emanzipatorischen Bildungssystem zu bekennen und die entsprechenden Rahmenbedingungen für zukunftsorientierte Medienbildung auch im Urheberrecht sicherzustellen.